Calwer erhalten Integrationspreis

Rolf Johnen (von links), Isolde Herter, Ulrike Schneider, Manne Lucha und der Vereinsvorsitzende Urs Johnen bei der Verleihung des Integrationspreises in Stuttgart. Foto: Privat

Von Bianca Rousek 23.05.2019 – 22:16 Uhr

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Integrationsminister Manne Lucha (Grüne) haben in Stuttgart erstmals den Integrationspreis verliehen. Einer der Preisträger ist der Verein „StadtLandKultur“ aus Calw.

Calw. 380 Bewerbungen waren für den ersten Integrationspreis eingegangen, gerade einmal 13 Vereine, Stiftungen, Initiativen und Unternehmen wurden mit einem Preis ausgezeichnet – sechs weitere mit einem Anerkennungspreis. Unter den glücklichen Gewinnern war auch der Verein „StadtLandKultur“ aus Calw. Für sein Engagement für die Traumabewältigung bei Flüchtlingen erhielten die Verantwortlichen den dritten Preis in der Kategorie Zivilgesellschaft.

Eine Urkunde, einen Pokal in Form des baden-württembergischen Wappentiers, dem Stauferlöwen und ein Preisgeld in Höhe von 1000 Euro bekamen Rolf Johnen, Ulrike Schneider, Urs Johnen und Isolde Herter stellvertretend für die anderen Helfer der Projektgruppe Traumanetzwerk überreicht. „Das ist eine Bestätigung unserer Arbeit“, freut sich Schneider.

Begonnen hat der Einsatz der Ehrenamtlichen im Herbst 2016. Zunächst beschäftigten sie sich in Vorträgen und Seminaren mit dem Thema Traumabewältigung, vor allem in Bezug auf die Flüchtlingsarbeit. Wenig später gründeten sie den Verein „StadtLandKultur – Netzwerk für gesellschaftliches und kulturelles Miteinander im Landkreis Calw“, um unter anderem durch musikalische Veranstaltungen Zusammenhalt zu schaffen.

Vergangenes Jahr gelang es Rolf Johnen, Facharzt für Psychosomatik im Ruhestand, den Spezialisten der Uni Regensburg, Thomas Loew, für einen Vortrag zu gewinnen. Ein Durchbruch, wie sich später herausstellen sollte. Denn durch ihn wurden die ehrenamtlichen Helfer auf das „Traumafokussierte Sandspiel“ aufmerksam. Ein Konzept, das inzwischen zu den Kernkompetenzen des Vereins gehört.

Das „Traumafokussierte Sandspiel“ ist speziell für Kinder bis zum Alter von zwölf Jahren geeignet. Sie sitzen – jeweils mit einem Helfer – an einem Tisch, vor sich eine Wanne, die sie selbst mit Sand befüllen können. Zudem finden sie auf dem Tisch verschiedene Spielfiguren – von Bauklötzen über Tiere, Familien, bis hin zu Kriegern und Waffen. Die Kinder bekommen pro Sitzung (insgesamt zehn) zwei mal 20 Minuten Zeit, mit den Utensilien ihre ganz eigenen Geschichte zu spielen. Ob Familienidyll oder Kriegsszenen sei dabei zweitrangig, erklärt Johnen. „Wichtig ist, dass die Kinder das spielen, was in ihnen vorgeht.“ Der Helfer soll dabei zwar innerlich teilnehmen – zum Beispiel in Form von Beruhigung, falls das Kind unruhig wird – jedoch das Spiel nicht beeinflussen.

Ziel des Ganzen ist, dass die traumatischen Ereignisse, die Flüchtlingskinder oftmals erlebt haben, wieder in das autobiografische Gedächtnis zu rücken.

Konzentriert bei der Sache

Das sei wichtig, sagt Johnen, damit sich die Kinder besser in der Realität zurechtfinden. Durch eine Traumatisierung würden bestimmte Verknüpfungen im Gehirn gestört, sodass das Geschehen sozusagen aus dem autobiografischen Gedächtnis gelöscht wird, erläutert er. Ein Schutzmechanismus. Bleibt das jedoch auf Dauer so, könnte es jederzeit passieren, dass ein bestimmter Auslöser – ein Duft, ein Geräusch, ein Gegenstand – das Trauma erneut auslöst. Und das mit voller Wucht.

Das Sandspiel soll das verhindern, indem sich die Kinder schon vorher auf schonende Weise mit dem Erlebten auseinandersetzen. Um sie dabei optimal zu unterstützen, haben alle Helfer eine Schulung absolviert.

Für Jugendliche und Erwachsene, die ein Trauma erlitten haben, hat der Verein Maßnahmen wie zum Beispiel die Ausarbeitung der Lebenslinie entwickelt. Zwar ein anderes Vorgehen, wie beim Sandspiel, jedoch mit demselben Ziel.

Drei Kurse mit je zehn Teilnehmern hat das Projekt Traumanetzwerk, das sich jüngst in Projekt Traumafokussierte Kreativarbeit umbenannt hat, bereits hinter sich. Die Zukunftspläne reichen jedoch noch viel weiter. So soll es in Zukunft in Schulen Kurse geben, in denen sich ganze Klassen mit dem Sandspiel beschäftigen.

Zwar gibt es inzwischen 80 Helfer für das Projekt – für die Nachfrage sei das aber noch zu wenig, sagt Johnen. Schließlich sei das Netzwerk im ganzen Landkreis aktiv. Die Kinder seien von dem Konzept restlos begeistert, fühlten sich wohl und angenommen, sagt Herter. Für die Helfer sei es rührend zu sehen, wie konzentriert sie bei der Sache sind. „Es macht uns viel Freude“, betont Johnen.

Selbiges gilt natürlich auch für den Preis, den die Calwer vor rund 800 Gästen erhalten haben. „Die Landesregierung zeigt damit Mut“ sind sie sich einig. „Man hat gemerkt, dass es ihnen wirklich ein Anliegen ist, diese Gruppen zu unterstützen.“ Überdies sei es schön gewesen zu sehen, wie viele Menschen sich für andere einsetzen. Johnen: „Das lässt hoffen.“ Oder wie Ministerpräsident Kretschmann in einer Pressemitteilung zitiert wird: „All diese Initiativen und Projekte tragen wesentlich zum ­Zusammenhalt der Gesellschaft bei und zeigen, dass Vielfalt ein selbstverständlicher Teil Baden-Württembergs ist.“

Mitmachen statt nur Zugucken: Soziokultureller Abend rundet ereignisreiches Jahr für StadtLand Kultur e.V. ab

+++ Künstler*innen aus vielen Ländern bei Soziokulturellem Abend
+++ Open Stage mit spontanen Beiträgen und Jamsession bis spät nachts
+++ Jahresrückblick: Fortschritte bei Traumanetzwerk und Bundespreis für Jazz am Schießberg

Calw, 06.01.2019 | Mit einem abwechslungsreichen Soziokulturellen Abend kurz vor Weihnachten ging ein ereignisreiches Jahr 2018 für StadtLandKultur e.V. zu Ende. Das bunte Programm auf der sogenannten Open Stage im Forum am Schießberg war ein lebhaftes Abbild der Arbeit, der sich der gemeinnützige Verein verschrieben hat: Als Netzwerk für gesellschaftliches und kulturelles Miteinander im Landkreis Calw baut StadLandKultur Brücken zwischen Kultur und Integration und geht neue Wege der Bewältigung psychischer Traumatisierungen.

 Der Soziokulturelle Abend am Freitag vor Weihnachten war in mehrfacher Hinsicht ein Höhepunkt im Sinne des Vereinszwecks. Wie kaum an anderer Stelle musizierten auf der Bühne von Jazz am Schießberg – die jüngst mit dem Spielstättenprogrammpreis APPLAUS 2018 ausgezeichnet wurde – Profis, Nachwuchsmusiker und Amateure gemeinsam. Beiträge aus Ländern wie Afghanistan, Eritrea, Ecuador oder Tschechien bereicherten das Programm und ließen alle schmerzhaften Erinnerungen für einen Moment in den Hintergrund treten. Gerahmt wurde der Abend von Musikern des Calw Large Ensembles, die zum krönenden Abschluss bis kurz vor Mitternacht mit Mitgliedern des Trommel-Clans jammten. Unvergessen bleibt auch ein unkonventionelles, in die Jetzt-Zeit verlegtes Krippenspiel inklusive E-Bike und Zumba.

Ein Höhepunkt vor allem deshalb, weil diese Form des Miteinanders einen leichten, spielerischen Umgang mit einem komplexen Thema ermöglicht: Traumabewältigung wird erst durch Integration möglich – und Integration wiederum funktioniert am besten durch kulturelle Partizipation.

Dabei sind psychische Traumatisierungen beileibe kein neues Phänomen. Durch traumatische Ereignisse bedingte psychosomatische Belastungen und Folgestörungen sind in Deutschland seit Generationen eine wesentliche Ursache von Einschränkungen von Gesundheit und Wohlbefinden, in der weiteren Konsequenz auch von Konflikten und Gewalttaten. Ein Bewusstsein für die Tragweite dieser Problematik und der zugrundeliegenden neurophysiologischen Zusammenhänge war jedoch auch nach den beiden Weltkriegen und ihren fatalen Auswirkungen in der deutschen Gesellschaft lange Zeit nicht vorhanden – erst in der heutigen Arbeit mit zum Teil schwer traumatisierten Flüchtlingen aus den aktuellen Krisengebieten wird vielen ehren- und hauptamtlichen Helfern klar, dass dieses Thema uns alle betrifft.

 Unter dem Titel „Mitmachen statt nur Zugucken“ hat StadLandKultur deshalb vor einigen Jahren begonnen, mit Geflüchteten und Ehrenamtlichen zweigleisig zu arbeiten. Durch kulturelle Partizipation und kreative Angebote einerseits, durch Information und Weiterbildung andererseits. So wurden unter anderem Gitarrengruppen auf den Weg gebracht, die bei verschiedenen Anlässen öffentlich auftraten. Außerdem wurden mehr als 50 Freiwillige als Traumahelfer*innen ausgebildet, die seither in Traumafokussierten Sandspiel-Gruppen als Begleit- und Vertrauenspersonen für betroffene Kinder zur Verfügung stehen.

An diese wichtigen Fortschritte beim Aufbau eines Traumanetzwerks im Kreis Calw möchte StadtLandKultur im neuen Jahr anknüpfen. Gemeinsam mit dem Landkreis, dem Diakonieverband und der Erlacher Höhe sind für 2019 weitere Projekte in Planung, darunter Traumafokussierte Metallarbeit für junge Erwachsene sowie soziokulturelle Aktionstage und eine Auszeichnung für integrative Jugendkulturprojekte.

Das nächste Konzert bei Jazz am Schießberg findet am Freitag, 18. Januar 2019 um 20 Uhr mit dem Alaa Zouiten Quartett und TALKING OUD statt. Weitere Informationen: www.stadtlandkultur.de und www.jazzamschiessberg.de.

Hoffnung für geschundene Kinderseelen

Von Axel H. Kunert 11.12.2018 – 17:59 Uhr

Die Begleiter der Sandkasten-Spiele in Nagold. Ganz rechts im Bild Gerlinde Unger, daneben Bernd Schlanderer, Geschäftsführer der Diakonie Nordschwarzwald, die das Hilfs-Angebot für traumatisierte Kinder organisiert. In der Bildmitte Rolf Johnen, Arzt für Psychosomatik aus Calw, der die Sandkasten-Spiele als Therapie-Möglichkeit für die Region entdeckt und eingeführt hat und die Angebote   als verantwortlicher Therapeut begleitet.  Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder Bote
Die Begleiter der Sandkasten-Spiele in Nagold. Ganz rechts im Bild Gerlinde Unger, daneben Bernd Schlanderer, Geschäftsführer der Diakonie Nordschwarzwald, die das Hilfs-Angebot für traumatisierte Kinder organisiert. In der Bildmitte Rolf Johnen, Arzt für Psychosomatik aus Calw, der die Sandkasten-Spiele als Therapie-Möglichkeit für die Region „entdeckt“ und eingeführt hat und die Angebote als verantwortlicher Therapeut begleitet. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder Bote

Es stockt einem der Atem: Der kleine Junge im grauen Jogging-Anzug, mit den dunklen Haaren, den fast schwarzen Augen stellt mit allen Geräuschen und Gesten einen Straßenkampf nach – Soldat gegen Soldat, Deckung gegen freies Schussfeld. Reihenweise sterben seine kleinen Plastikkämpfer.

Nagold. Sie werden von Matchbox-Panzern überrollt. Eine Granate lässt der kleine Junge explodieren, der Wüstensand spritzt auf als er ihn mit seinen Fingern verteilt. „Pruuuchhhh“, macht es aus seinem Mund. Keiner seiner Soldaten steht mehr aufrecht. Was so sehr erschüttert an dieser Szene, an diesem Spiel in einem Sandkasten, nicht wesentlich größer als ein Schuhkarton: Der kleine Junge spielt nach, was er real erlebt hat – daheim, in seinem Heimatland Syrien. Oder Afghanistan. Oder sonstwo, wo der Krieg auch die Seelen verstört.

Jetzt ist der Junge hier in einem Klassenraum der Nagolder Kernenschule. Mit ihm zusammen neun, zehn weitere Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren. „Die Kinder haben das Schlimmste erlebt, was man sich vorstellen kann,“ sagt Rolf Johnen, Facharzt für Psychosomatik aus Calw. Die Kinder haben gesehen, wie Menschen misshandelt wurden, starben. Ihre Angehörigen. Wie sie erschossen wurden. Ermordet. Zerhackt. Zerfetzt von Bomben, Minen und eben Granaten. So wie es der kleine Junge im grauen Jogging-Anzug eben in seinem kleinen Sandkasten nachgestellt hat.

Hier ist die erlebte Grausamkeit „nur noch“ kindliches Spiel

Der einzige Trost für den Betrachter dieser erschütternden Szene: Hier im behüteten Klassenraum ist die erlebte, unfassbare Grausamkeit „nur noch“ kindliches Spiel. Ein Spiel, das heilen kann: Wir Menschen bewältigen erlebte Traumatas, indem wir die Erinnerung daran wieder hoch holen aus der Erinnerung, aus dem Unterbewusstsein – und diese Erinnerung durch ein neues, darauf „aufgesetztes“ Erleben „überschreiben“. Die Synapse im Gehirn mit der Schock-Erinnerung quasi neu programmieren – sie mit neuen Erinnerungen aus einem positiveren Umfeld wieder neu in unser Gedächtnis einsortieren. Genau das kann kleinen, beschädigten Kinderseelen helfen. Manchmal sogar komplett heilen.

Die schwersten Fälle kommen in die Sandkasten-Spiele

Und zwar in einer extrem beeindruckenden Art und Weise. Alle Kinder hier im Klassenraum im Kernen galten an ihren eigenen Schulen (in und um Nagold) als „unbeschulbar“, erzählt Rolf Johnen. Sie störten den Unterricht, verweigerten die Mitarbeit, zeigten sich jedem guten Zureden gegenüber verschlossen. Genau nach solchen Kindern sucht Johnen gezielt mit Hilfe eines Fragebogens – um die Schwere der, man nennt es heute gerne, „posttraumatischen Belastungsstörung“ einschätzen zu können. Die schwersten Fälle kamen hier in die Sandkasten-Spiele – zehn Wochen lang, eine „Begleitung“ wöchentlich.

Jedem der Kinder ist dabei ein ehrenamtlicher Betreuer zugeteilt. Oder besser: tatsächlich Begleiter. Der Erwachsene, manchmal im Oma- oder Opa-Alter, aber auch jünger, ist einfach nur da – ein Gegenüber für das Kind in seinem Spiel. Ein Zuschauer, der das Kind so annimmt wie es ist. Keine Wertung, keine Ermunterung, kein Tadel. Nur die Sicherheit einer Gegenwart. Auch ein Publikum für das Kind, dem es sein Spiel präsentieren kann. Das dadurch Vertrauen aus seinem Gegenüber schöpft. Und sich und seine Seele in diesem neuen, spielerischen Raum öffnet – für das unbeschwerte Wiedererleben des so sehr Schrecklichen.

Man sieht den Begleitern an, dass es ihnen nicht immer leicht fällt, unbeteiligt zu bleiben. Neutral, die eigenen Emotionen in Griff. Selbst wie ein Therapeut. In einem Kurs – mit 50 weiteren Helfern – haben sie im Frühjahr gelernt, wie sie sich während der Sandkasten-Spiele zu verhalten haben. Was mit den Kindern während dieser Begleitungen passiert. Welche psychologischen Techniken auch in den anderen Programmteilen – dem gemeinsamen Singen, den Atemübungen, den gezielten Bewegungsübungen – stecken: wirkende Ersatzhandlungen, um die tiefsitzenden Trauma-Erinnerungen durch ein unbeschwertes, leichtes, fröhliches Erleben bestenfalls zu neutralisieren.

„Ich bin sehr überrascht, wie sehr sich die Kinder in diesen Begleitungen tatsächlich öffnen und mitmachen“, erläutert Rolf Johnen. Ein ganz anderes Bild dieser Kinder, als deren Schulen zuvor berichtet haben. Und was diese Schulen nun auch selbst zurückmelden: Die Kinder, die die Sandkasten-Spiele durchlebt haben, seien wie ausgewechselt – motiviert, begeistert, wissbegierig. Weshalb Johnen hofft, seinen Fragebogen künftig an allen Schulen im Umkreis zum Einsatz zu bringen – um möglichst vielen schwerst-traumatisierten Kindern („nicht nur aus Kriegsgebieten – verheerende Konflikte, die Kinder seelisch aufs Tiefste verletzten, gibt es auch in hiesigen Familien“) diese Hilfe zukommen zu lassen.

„Es tut wohl, wie die Kinder etwas von sich zeigen“

Bisher gibt, beziehungsweise gab es drei dieser Begleitungen: Neben der hier in Nagold je eine in Calw und Althengstett. Wobei diese Begleitungen für die ehrenamtlichen Helfer keine „Einbahnstraßen“ sind: „Es tut wohl, wie die Kinder etwas von sich zeigen“, sagt eine der Begleiterinnen. Eine andere ergänzt: „Es ist eine faszinierende Arbeit, wirklich fantastisch – Kindern auf diese Weise helfen zu dürfen.“ Wobei es aber „sehr, sehr schwer“ falle, sich tatsächlich „nicht auf ›mehr‹ einzulassen“ – eine tiefere Bindung zu den Kindern aufzubauen, sondern sie nur auf Zeit zu begleiten.

Die Idee dabei, erläutert Gerlinde Unger von der Sozialberatung der Diakonie Nordschwarzwald, eine der immer auch mit anwesenden professionellen Betreuerinnen bei den „Sandkasten-Spielen“: „Die Kinder sollen in ihrem Spiel und ihrem Erleben hier in diesem geschützten Raum wirklich absolut frei sein.“ Kein Beziehungsballast, kein vorgeprägtes Rollenverhalten, kein Gruppenzwang – immer Freiwilligkeit, Offenheit, Angenommen-Sein so wie jedes Kind nun mal ist. Weshalb der wohl älteste Junge in dieser Runde beim abschließenden Singkreis auch gerne schweigen darf. Das sei „altersgerechtes Verhalten“, schmunzelt Rolf Johnen, während die Kinder den Klassenraum längst verlassen haben.

Zurück bleiben einige der gestalteten Sandkästen der Kinder: Vollgestellt mit spielzeuggroßem Kriegsgerät, halb verbuddelten Playmobil-Leichen, zerschundenen Plastik-Soldaten. Das Unaussprechliche sichtbar gemacht. Gerlinde Unger erzählt, was sie dabei persönlich mit am meisten berührt hat: „Ein Junge hat jedes Mal seinen ›Kriegskasten‹ komplett zugestellt mit Panzern und Kriegsgerät. Jedes Mal, wenn er seinen Sandkasten gestaltete. Doch ganz zum Schluss baute er ein kleines, knallbuntes Viereck in die Mitte seines Kastens – mit Tieren, Huhn, Hase und Schwein.“ Ein Fleckchen Normalität inmitten der unaussprechlichen Grausamkeiten, die dieses Kind erlebt hat. Ein Hoffnungsschimmer aus dieser kindlichen Seele.

Impressionen vom Theaterspaziergang im Kloster Hirsau am 30.09.2018

Bei traumhaftem Spätsommerwetter und vor malerischer Kulisse eröffneten Rupert Hausner und Bernhard Mohl ihr Programm „Durch meine Vaterstadt, da fließt ein Fluss“.

Zahlreiche Besucher*innen verfolgten die teils von Hausner vorgetragenen autobiografischen Texte und teils von Mohl vertonten Gedichte Hermann Hesses.

Innerhalb der historischen Mauern fanden sich ideale Spielorte mit offenkundigen Bezügen zu Hesses Texten etwa über Frömmigkeit oder seine Bewunderung für Bäume.

Theaterspaziergang im Kloster Hirsau: „Durch meine Vaterstadt, da fließt ein Fluss“

„Durch meine Vaterstadt, da fließt ein Fluss“
Theaterspaziergang im Kloster Hirsau mit Rupert Hausner und Bernhard Mohl

Sonntag, 30.09.2018
11 Uhr

Treffpunkt (Start und Ziel): Haupteingang Klosterruine Calw-Hirsau (Unterer Torbogen)

+++ Autobiografische Texte und vertonte Hesse-Gedichte werden im historischen Gemäuer aufgeführt
+++ Rupert Hausner und Bernhard Mohl präsentieren speziell für Calw konzipiertes Programm

Calw-Hirsau | Am Sonntag, 30. September 2018, wird im Rahmen eines Theaterspaziergangs in der Klosterruine Calw-Hirsau zum vorerst letzten Mal ein speziell für Calw konzipiertes Bühnenprogramm aufgeführt, dessen Fokus auf den literarischen Betrachtungen Hermann Hesses liegt.

Im historischen Gemäuer präsentieren die Tübinger Bühnenprofis Rupert Hausner und Bernhard Mohl autobiografische Texte und eigens vertonte Gedichte Hesses – stets mit Bezug zur Heimat und Biografie des berühmtesten Sohns des Schwarzwaldstädtchens. Die literarischen Texte werden in gesungener und gesprochener Weise ganz neu erlebbar und entfalten einen besonderen Zauber.

Rupert Hausner, Schauspieler am Landestheater Tübingen und der ebendort ansässige Komponist und Multiinstrumenalist Bernhard Mohl sind eingespielte Bühnenpartner. Mohl singt eigens komponierte Liedfassungen bekannter und weniger bekannter Hesse-Gedichte und begleitet sich dabei auf Gitarre und Geige. Hausner liest Texte, die auch Kennern zum Teil noch neue Facetten des weltbekannten Calwer Schriftstellers eröffnen werden.

Hermann Hesse wurde 1877 in Calw geboren und ist Ehrenbürger seiner Heimatstadt. Wenngleich er im Verlauf seines Lebens die Schweizer Staatsbürgerschaft annahm und auch in Italien lebte, blieb er Calw zeitlebens innig verbunden. In vielen Werken thematisiert Hesse die Bedeutung von Heimat, gleichzeitig greift er aber auch die Wanderschaft und das Nach-Hause-Kommen immer wieder auf. So findet man nahezu in allen Schriften autobiografische Komponenten.

Auch Spiritualität und Glauben werden in den Texten des gelernten Buchhändlers und späteren Literaturnobelpreisträgers immer wieder behandelt. In seinen Werken – auch geprägt durch die Erfahrungen beider Weltkriege – interessiert sich der feinsinnige Dichter vor allem für das innere Seelenleben seiner Figuren. Fragen nach dem inneren Halt in unruhigen Zeiten, Religion und Hingabe an Gott, wie Hesse sie stellt, erscheinen auch in der heutigen Zeit absolut relevant.

Die Theaterspaziergang im Kloster Hirsau wird von StadtLandKultur e.V. präsentiert und findet statt am Sonntag, 30. September 2018, um 11 Uhr. Treffpunkt ist der Haupteingang der Klosterruine Hirsau (Unterer Torbogen). Tickets sind erhältlich im Vorverkauf bei der Stadtinfo Calw und über reservix zu 15/10 Euro oder vor Ort zu 17/12 Euro.

Einladung zum Netzwerktreffen am 10.06.2018

Das nächste StadtLandKultur-Netzwerktreffen findet wie folgt in lockerem Rahmen statt:

Sonntag, 10.06.2018, 18 – 20 Uhr, Gaststätte Schlupfwinkerl in Calw-Stammheim

Wir würden uns freuen, viele neue und bekannte Gesichter dort zu sehen, um uns über laufende Projekte und neue Ideen auszutauschen!

Mitmachen statt nur Zugucken: Offene Bühne bei Jazz am Schießberg am Freitag, 08. Juni 2018, 20 Uhr

Calw, 31.05.2018 | Bevor die Konzertreihe Jazz am Schießberg in die Sommerpause geht, wird es im Forum des Hermann-Hesse-Gymnasiums noch einmal so richtig heiß: Am Freitag, 8.6.2018, werden Künstlerinnen und Künstler unterschiedlicher Couleur auf einer sogenannten „Open Stage“, einer offenen Bühne, auftreten. Weitere Beiträge zu diesem Soziokulturellen Abend sind erbeten und können vorab per Mail an info@stadtlandkultur.de angemeldet werden. Auch spontane Beiträge sind willkommen.

Aus dem Integrationsprojekt „Mitmachen statt nur Zugucken“ ist der Gedanke eines soziokulturellen Netzwerks für den Landkreis Calw entstanden. Waren es zunächst in erster Linie Flüchtlinge, für die Musikgruppen und für deren ehrenamtliche Helfer Seminare angeboten wurden, so widmet sich der Verein StadtLandKultur e.V. heute gezielt dem gesellschaftlichen und kulturellen Miteinander aller Gruppen und Personen, die in der Region zusammenleben.

Beim Soziokulturellen Abend werden neben Fausto Ruque und seinem Gitarrenensemble auch die Trommelgruppe „Jayantha Gomes & the Clan“, das Vokalensemble „PentaPhone Singers“ sowie die Theatergruppe mit dem ungewöhnlichen Namen „Eine junge Gruppe Menschen, die sich zum Ziel gesetzt hat, außerhalb der Glitter-und Glamourwelt Kultur zu machen!“ dabei sein.

Das Gitarrenensemble wurde im letzten Jahre von Fausto Ruque vom Verein StadtLandKultur und von Tobias Zinser vom Arbeitskreis Asyl ins Leben gerufen. Jugendliche und Kinder aus Syrien und Afghanistan lernen unter fachkundiger Leitung die Grundlagen des Gitarrenspiels und präsentierten bereits die ersten Erfolge. Die Band Jayantha & the Clan ist die Verwirklichung einer Idee des srilankischen Künstlers Jayantha Gomes. Das Hauptanliegen der Gruppe Jayantha & the Clan ist es, durch ihre Musik Wege zur Toleranz und Mitmenschlichkeit zu eröffnen. Trommeln dient als Brücke von Mensch zu Mensch und spannt einen Bogen zwischen Kulturen.

Das fünfköpfige Ensemble „PentaPhone Singers“, zusammengesetzt aus geübten Laien aus dem Großraum Calw/Weil der Stadt, singt Lieder aus der Klassik über Jazz bis hin zur Folklore und Pop-Musik. Meist a cappella, manchmal auch begleitet mit E-Bass oder Gitarre, Querflöte und Percussion. Freude an der Musik und am Singen hat die Gruppe zusammengebracht. Ihr Repertoire reicht von Bach und Händel über A. Ronell, Mancini, The Eagles, Billy Joel bis Carlos Santana und Stevie Wonder, nur um einige zu nennen. Mit viel Experimentierfreudigkeit und dem Vorsatz, sich keinem Genre zu verschreiben, werden die Titel selbst arrangiert. Somit halten sich die PentaPhone Singers alle Türen offen, um sich selbst und ihr Publikum mit ihren Stücken zu überraschen.

„Eine junge Gruppe Menschen, die sich zum Ziel gesetzt hat, außerhalb der Glitter-und Glamourwelt Kultur zu machen!“ ist – wie der Name bereits erahnen lässt – ein junges, spontanes und ideenreiches Team in der Welt des Improvisationstheaters. Ins Leben gerufen wurde die Gruppe vor nun bereits drei Jahren von Jana Reichert, welche zu dieser Zeit ihren Bundesfreiwilligendienst im Jugend-und Kulturzentrum W3 in Holzgerlingen verrichtete. Seitdem treffen sich die Hobby-Schauspieler regelmäßig im W3. Mit das elementarste Merkmal des Improvisationstheaters ist das Publikum. So dient es als der Inputgeber schlechthin bei verschiedenen Spielen, da es beispielsweise den Spielort, die Emotion, das Spielgenre oder die Beziehung der Spieler untereinander vorgibt.

„Von soziokultureller Integrationsarbeit profitieren wir alle,“ sagt Urs Johnen, Vorsitzender des Vereins StadtLandKultur. „Es macht Spaß, einander mit dem jeweiligen kulturellen Hintergrund besser kennenzulernen – ganz egal, ob es um die alten Nachbarn oder Flüchtlinge aus Kriegsgebieten geht.“ Die Einladung zum Mitmachen richtet sich deshalb an die AkteurInnen und Gruppierungen aller Nationalitäten, Religionen und Altersstufen, die in Calw und Umgebung zuhause sind.

Beginn der Veranstaltung am Freitag, 08.06.2018 ist um 20 Uhr, Einlass ab 19:30 Uhr.

Der Eintritt ist frei. Es werden Spenden für soziokulturelle und integrative Musikprojekte gesammelt. Weitere Informationen zu diesen Projekten: www.stadtlandkultur.de.

„Durch meine Vaterstadt, da fließt ein Fluss“ – Theaterspaziergang zum Schafott Sonntag, 10. Juni 2018, 11 Uhr

Calw, 25.05.2018 | Am Sonntag, 10. Juni 2018, präsentieren die Reutlinger Schauspielerin Chrysi Taoussanis und der Tübinger Musiker Bernhard Mohl im Calwer Stadtwald ein speziell für Calw konzipiertes Programm, dessen Fokus auf den literarischen Betrachtungen Hermann Hesses liegt. In freier Natur präsentieren die beiden Bühnenprofis autobiografische Texte und eigens vertonte Gedichte – stets mit Bezug zur Heimat und Biografie des berühmtesten Sohns des Schwarzwaldstädtchens. Die literarischen Texte Hesses werden in gesungener und gesprochener Weise ganz neu erlebbar und entfalten einen besonderen Zauber.

Die gebürtige Osnabrückerin Chrysi Taoussanis ist als Schauspielerin am Theater „Die Tonne“ in Reutlingen engagiert und bereits seit vielen Jahren ein Liebling des Calwer Publikums. Bei unzähligen Theaterspaziergängen und -kutschfahrten hat sie sich in die Herzen ihrer Zuschauer gespielt: Gemeinsam mit Stefan Töpelmann etablierte sie die Kunst des Improvisationstheaters im öffentlichen Raum und in der Natur in und um Calw.

Bernhard Mohl stammt aus Stuttgart und ist seit 1991 freier Musiker in Tübingen. Er ist mit Liederprogrammen, Lesungen mit Liedern und Theatermusik auf verschiedenen Bühnen zu sehen. Mohl hat zahlreiche Songs nach Gedichten von Mörike bis Gernhardt komponiert sowie Theatermusik für das Landestheater Tübingen geschrieben. Seine Hauptinstrumente sind die Geige und seine Stimme. Er spielt auch Gitarre, Ukulele, Bassgitarre, Percussion und Tasteninstrumente.

Hermann Hesse wurde 1877 in Calw geboren und ist Ehrenbürger seiner Heimatstadt. Wenngleich er im Verlauf seines Lebens die Schweizer Staatsbürgerschaft annahm und auch in Italien lebte, blieb er Calw zeitlebens innig verbunden. In vielen Werken thematisiert Hesse die Bedeutung von Heimat, gleichzeitig greift er aber auch die Wanderschaft und das Nach-Hause-Kommen immer wieder auf. So findet man nahezu in allen Schriften autobiografische Komponenten.

Auch Spiritualität und Glauben werden in den Texten des gelernten Buchhändlers und späteren Literaturnobelpreisträgers immer wieder behandelt. In seinen Werken – auch geprägt durch die Erfahrungen beider Weltkriege – interessiert sich der feinsinnige Dichter vor allem für das innere Seelenleben seiner Figuren. Fragen nach dem innerem Halt in unruhigen Zeiten, Religion und Hingabe an Gott, wie Hesse sie stellt, erscheinen auch in der heutigen Zeit absolut relevant.

Die Theaterspaziergang zum Schafott wird von StadtLandKultur e.V. präsentiert und findet statt am Sonntag, 10. Juni 2018, um 11 Uhr. Treffpunkt ist der Wanderparklatz beim Wildschweingehege auf dem Wimberg. Tickets sind erhältlich zu 15/10 Euro im Vorverkauf bei der Stadtinfo Calw und über reservix sowie zu 17/12 Euro vor Ort.

Einladung zum Netzwerktreffen am 15.04.2018

Das nächste StadtLandKultur-Netzwerktreffen findet wie folgt in lockerem Rahmen statt:

Sonntag, 15.04.2018, 18 – 20 Uhr, Gaststätte Schlupfwinkerl in Calw-Stammheim

Wir würden uns freuen, viele neue und bekannte Gesichter dort zu sehen, um uns über laufende Projekte und neue Ideen auszutauschen!